Ausstellung in der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung, Bonn
Hochstadenring 22 (Am August-Macke-Platz), 53119 Bonn
Antje Hovermann beschäftigt sich in ihrer Malerei zentral mit dem Thema Farbe. Ihre Aquarelle - meist Quadrate im Format 70 x 70 cm oder neuerdings auch größer - kommen mit einem sehr reduzierten Grund formenbestand aus: Quadrat, Kreis und Linie. Durch diese formale Reduktion tritt das eigentliche Phänomen ihrer Kunst hervor: Farbe als sinnliche und als spirituelle Erscheinung.
Die Malerin untersucht Farbe in ihrer Wirksamkeit und Gesetzmäßigkeit, unabhängig von der Widergabe von Gegenständen, sie untersucht die Farbe an sich. Die Arbeiten entstehen allmählich, Lasurschicht für Lasurschicht - es braucht viel Zeit, um die bis zu 200 Maischichten aufzutragen. Die Pigmente der stark verdünnten Aquarellfarbe reichern sich erst durch die Vielzahl der Schichtungen an und verdichten sich zu ei ner diffusen Körperlichkeit, die sich auch räumlich lesen läßt. Diese Methode steigert die Intensität der Farbe und läßt ihre Energie hervortreten. Zum Rand hin verliert sich das Gebilde, ist nicht gebunden an eine Form – im Grenzbereich geht der Farbverlauf in ein neutrales Grau über und löst sich so auf. Auf diese Weise wirkt der Bildrand nicht selbst als begrenzende Form – das energetisch ausgeglichene Quadrat ist daher auch der geeignetste Träger für die Hervorbringung der Farbqualität. Jede Art der Begrenzung des Ener gieflusses stört diesen Prozeß.
Bei Auftragung zweier Farben wird eine der beiden in ihrer Intensität gesteigert und kommt scheinbar in Bewegung. Der Betrachter kann sich auf diesen Prozeß zwischen Suchen und Finden einlassen ohne an ein Ende zu stoßen. So wird klar, daß Farbintensität nur in einer Begegnung entsteht und damit abhängig vom jeweiligen Gegenüber ist. Farbwirkung ist relativ. Die Intensität in der Konfrontation ist nicht unbedingt an die Dichte der Pigmente gebunden; im Gegenteil: Farbe wirkt unter gewissen Umständen umso intensiver, je weniger sie materiell gebunden ist. Worin besteht dann überhaupt die letztliche Individualität von Farbe?
Antje Hovermann sucht in ihrer Malerei genau diese ureigene Qualität jedes Farbtons herauszufinden. Sie befragt die in ihrer Energie gesteigerten Farben – bei gleichzeitig höchster Transparenz – nach deren individuellen Eigenschaften zwischen Materialität und lmmaterialität. Die Farberscheinung in der Materialität ist relativ und abhängig von vielfältigen Einflüssen, sie ist perma nentem Wandel ausgesetzt . Die Wahrnehmung der Anwesenheit immaterieller, geistiger Qualitäten, ist nur in der Reduktion der malerischen Mittel und der konzentrierten Anschauung auf der Seite des Betrachters möglich.
Antje Hovermanns Aquarelle verlangen Ausdauer und bieten eine Fülle von Seherfahrungen . Ein irritieren der Anspruch in einer Zeit schneller und lauter Bilder.
Dr. Andreas Pohlmann