Zur Vernissage am 16. Juli 2017 im 'kuba – Kunstverein Kulturbahnhof Nettersheim'
Hannah Hovermann nennt diese ihre Ausstellung hier im 'kuba' licht.
Und wenn Sie diese zart lasierten Bilder ansehen, wäre dieser Titel auch ohne meine oder irgend eine andere Übersetzung/ Einleitung sofort einsichtig. Auf leise und sehr diskrete Weise nimmt jede dieser Arbeiten ihren ganz eigenen Raum ein...Sie sagt: „Licht 'strahlt' unbegrenzt“– und das ist wörtliches Thema, besonders von einigen ihrer Bilder hier. Doch darüber später mehr.
Sie waren ins 'kuba' eingeladen worden zu einem malerischen Spiel des Nahekommens von Licht und Farbe, um Maggie Töpfer zu paraphrasieren.
Diese Einladung erging auch an mich.
Ich war für ein paar Stunden dabei, wie die Bilder gehängt wurden vonHannah A. Hovermann und Maggie Töpfer – und die Inszenierung ihrer Anordnung ist äußerst bemerkenswert; wenn Sie sich der Einladung dieser subtilen Dramaturgie sozusagen widerstandslos überlassen, werden Sie sich diesem „Nahekommen“ kaum entziehen können und wollen.
Stichwortartig möchte ich Sie zunächst auf diesem Weg durch die einzelnen Räume der Ausstellung begleiten.
Eingeladen werden Sie im ersten Raum von hoch ästhetischen Bogenformen, die man in ihrer Gesamtheit als Wellenbewegung sehen kann. An den Rändern beginnt jeweils Licht aufzuscheinen.
Im darauf folgenden Kabinett des 'kuba' schiebt Hoverman Farben fast scheibenartig übereinander, relativ aus der Bildmitte und mit relativ dunkle Mitten, die in unterschiedlichen Farben nach außen ja: aufblühen.
Im nächsten 'kuba' – Kabinett stieben alle Farben des Lichts als prismatische Funken irgendwo im Bild und über das Bild hinaus.
Im hintersten Raum sind von den Prismen nur noch zart hingehauchte Stellen innerhalb des nun mal vorgegebenen Bilderrahmens zu sehen – aber Hovermanns Wunsch, ihre Bilder zu entgrenzen, in irgendeiner Grenzenlosigkeit vielleicht neu zusammenzufinden zu lassen wird hier überdeutlich.
Soweit also Ihr Weg durch diese Ausstellung, die auch Ihnen Raum für eingehende Betrachtung lässt, da Hovermann nur wenige Arbeiten ausgestellt haben wollte, alle entstanden in den der letzten 2 Jahren.
Obwohl damit längst eine Brücke zwischen Ihnen und den Arbeiten Hovermanns geschlagen ist, möchte ich Ihnen noch einen weiteren Zugang zur Idee ihrer reinen Farbmalerei zeigen.
Ich bin dabei zweien von mehreren ganz spontan entstandenen Einfällen möglicher künstlerischer Querverbindungen gefolgt ausgehend von zwei Aspekten.
Die so ganz besondere Technik des Farbauftrags bietet dabei den ersten Ansatz. Hannah Hovermann schreibt auf ihrer Homepage über ihre Lasurtechnik, die sie anwendet um hohe Transparenz und intensive Leuchtkraft der Farbe zu erreichen. Und sie schreibt über den vielschichtigen Farbauftrag um die Farbe zum Vibrieren zu bringen. Um dabei eine noch höhere Diffusität, eine Entgrenzung der Farbmaterialität entstehen zu lassen, trage sie seit ca. 4 Jahren die Farbschichten nicht mehr mit dem Pinsel, sondern mit Hilfe von Druckluft auf.
Und...so unglaublich das klingen mag - genau so arbeiteten unsere Steinzeitvorfahren! Wir befinden uns dabei in einer Zeit ab etwa 40.000 vor heute! Es scheint, als hätte es dieses Verfahren damals ohne Anfang, ohne Übergangsstufen gegeben - die damaligen Künstler nahmen Eichenholzkohle, Manganoxid und andere Materialien in den Mund, zerkauten sie und versprühten mit ihrem Atem die Farbe zu unfassbar ästhetischen und rätselhaften Meisterwerken in der Unzugänglichkeit tiefer Höhlen!
Was Hannah Hovermann und diese Künstler verbindet, ist nicht nur die im doppelten Sinne analoge Technik, sondern dass diese Technik die Farben schwebend, wie losgelöst vor den Felswänden zeigt und wie wir hier sehen können, ebenso schwebend vor zartem Papier zeigen.
Diese feinen und feinsten Modulationen über einen schwebenden Farbauftrag sind wesentlich für die Wirksamkeit der so unterschiedlichen Werke.
Aber der Kern von purer Farbmalerei, der sich Hovermann verschrieben hat, ist natürlich die Farbe selbst, der 2. Aspekt.
Und auch an dieser Stelle möchte ich ihr in ihrer Arbeit einen Künstler zur Seite stellen, der sich vor ca. 500 Jahren völlig unvergleichlich, äußerst wirkmächtig dem Thema Licht widmete: Matthias Grünewald im Motiv der Auferstehung Christi. Ausgehend von einem fast gleißenden Zitronengelb des göttlichen Gesichts mit darin fluierenden Weißtönen erstrahlt das eigentliche, das tiefste Thema in diesen reinen Farben; alles an Gelb und Rotgold verströmt bis hin zu dem kreisrunden Rahmen, der das Strahlen in hellblauem Türkis fasst.
Ein Sonnengott ist es, die Sonne selbst sehen wir auf dieser Tafel des Isenheimer Altars. In einem wirbelnden, alles mitreißenden Farbstrudel des gesamten Prismas durchbricht er den besternten tiefdunklen Himmel sonnenhaft – das ist das eigentliche Thema. Dieses Thema aus purer Farbmalerei einer alles durchwirkenden Sonne ist kaum noch als benennbares Motiv zu verorten.
Beidseitig in solcher Weise geborgen von Kunst sehr unterschiedlicher Herkunft, möchte ich also auch von daher versuchen, die LICHT – Arbeiten von Hannah Hovermann zu begreifen.
Es gibt, wie zu Anfang gesagt, nur eine sehr kurze Brücke zu schlagen von ihren Bildern zu Ihnen, den Betrachtern; denn sie teilen sich unmittelbar mit: Allein wenn Sie schon der subtilen Dramaturgie der Bildhängung folgen – Sie werden sofort das Thema spüren.
Wenn Sie sich zudem angemessen die Zeit geben, davor stehen zu bleiben, kein Motiv als Halt in diesen Bildern von schwebendem LICHT zu suchen, sondern sich spüren lassen was Sie spüren, teilt sich das zarte Vibrato dieser Arbeiten mit. Und wie alles Vibrieren eröffnen sich Räume, hier sehr feinfarbene Räume...
Mein zusätzliches Einführen sollte Hannah A. Hovermanns Räume ihrer LICHTBilder von zwei sehr unterschiedlichen Seiten knapp ausleuchten um Ihnen, ihren Betrachtern, die Räume vielleicht noch weiter zu öffnen.
Hannah A. Hovermann hat ihre Arbeiten buchstäblich entgrenzt, zu sehen v.a. In den letzten beiden Kabinetten des 'kuba' – LICHT-Spiele, die sich in Ihren Gedanken weiterführen lassen, die Sie innerlich mitnehmen können, die in Ihnen weiter vibrieren...so, als gäbe es kein Ende des prismatischen Farbstiebens.
Frau Dr. Elisabeth Geschwind